Donnerstag

18.00 Uhr
Antonio Gardoni: 
Perfume Is Tension

Perfume is volatile like life as well as time. The tiny molecules that compose reality are playing a magical game of illusions and reflections, a phenomenon that we experience by being part of it. Physics teaches us some of the endless possibilities to read a specific reality.
As an architect and perfumer, I find myself unintentionally thinking about space as something we experience rather than just a matter of measurements. Space happens as a whole, as a result of actions/elements. Space can be identified as in-between spaces, and this applies to perfume as well, both as something I taste/feel/smell and as something I compose. In the process of composition/creation, my effort goes into finding and juxtaposing elements to use as characters in an ideal battlefield, where contrasts, conflicts, and alliances are played out without knowing the results. It’s a battle probably without winners and losers, a contest per se, which is the result of the constant tension I try to achieve. Perfumes must be instable, variable, ever-changing, fragile, and volatile journeys, which appear and disappear, leaving a space in-between their components during their life span and development. Nature is a great source of inspiration as it defines spaces and creates tensions, not only on a visual and olfactory level, but also in the way it helps us to experience and feel the void as the source, the end, and the in-between. The void is not absence. It is the silent action and still matter that composes the experience of the elements by being part of them. I see perfumes in a similar way, something made of infinite parts and capable to tell infinite stories, something as essential as the void and as powerful as silence.

Antonio Gardoni is an architect, perfumer, and writer, working in Brescia (Italy), Beijing, and London (http://www.antoniogardoni.com/). He is the founder, brain, and nose behind Bogue-profumo, a niche-fragrance company, sold internationally in selected stores. He collaborates with numerous art projects connected to the world of smell.

18.45 Uhr
Christophe Laudamiel: 
Scent and Art – Messages, Installations, and Challenges

Christophe will present some of his artistic installations, question the sniffer’s/viewer’s psychology as well as his way of communicating surprising messages. He will explain the unique challenges that the perfumer artist faces in terms of technological obstacles and the public’s lack of olfactory education.

Christophe Laudamiel is the only perfumer officially represented by two art galleries (Dillon + Lee in New York City and Mianki in Berlin) with seven solos shows in five years. His scents entered the permanent collections of the International Perfume Museum in Grasse, the Cleveland Art Museum and the Harvard University Archives. He was the first recipient of the „Art and Olfaction Award for Exceptional Contribution to Scent Culture“ in 2017. His scent Club Design received top award from the Los Angeles-based Institute of Art and Olfaction.

Freitag

09.00 Uhr
Andy Trauer:
13 Jahre in der Parfümnische: Ein Blick zurück nach vorn

Seit 13 Jahren ist Andy Tauer als Parfümeur tätig und hat Produkte entwickelt, die sich auf dem schnelllebigen internationalen Markt behaupten konnten. In seinem Vortrag berichtet er über den Alltag in der artisanalen Parfümnische vor dem Hintergrund einer sich immer stärker abzeichnenden grossen Beschleunigung. Tauer blickt dafür zunächst zurück auf die Anfänge seiner Parfümherstellung: Wie haben sich wesentliche Parameter des Marktes, der Kommunikation und der Produktion verändert? Der Aufbau seiner Parfümmarke erfolgte in einer Zeit kurz vor Facebook und iPhone. Die Frage stellt sich, ob sein instinktiver Ansatz auch heute noch Erfolg hätte. Die allgemeine Beschleunigung, getrieben durch sich exponentiell entwickelnde digitale Informationstechnologien, hat eine Analogie in den rasanten Umbrüchen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ein Blick auf die Veränderungen in der damaligen Parfümbranche ist aufschlussreich und regt zum Nachdenken an: Wohin wird sich die Nischenparfümerie im 21. Jahrhundert entwickeln?

Andy Tauer begann vor gut 15 Jahren Düfte zu entwickeln. Von Haus aus Chemiker, brachte er sich die Kreation von Düften selbst bei und feierte vor allem mit seinem Duft „L’air du désert marocain“ Erfolge. Auch heute ist Tauer Perfumes ein Einmannunternehmen – ganz bewusst, denn, so Tauers Wahlspruch: „Man braucht absolute Freiheit, um schöne Düfte zu kreieren.“

09.45 Uhr
Satori Osawa: 
Scent and Sense in Japanese Culture

It is said that a shift is underway in the qualities art requires – transient, not having essential and eternal qualities. If this does not merit a theoretical reflection, I sense some discomfort. Japanese culture has valued things that are transient and ephemeral since the days of old. We can observe the difference in how fragrances and perfumes are perceived in Japan in contrast to Europe. Japanese tend to prefer scents that are light, fleeting, I would say, a fragrance that breathes. Japan is sometimes considered as a desert of perfume, even though, as in Europe, fragranced fabric softener has become entrenched in our daily life. Although this is due to our climate and dietary habits to a certain extent, I believe it is also greatly due to our sense of aesthetics rooted in our culture. Hence, I will try to present a study about the differences in fragrance/perfume perceptions based on the following aspects:

1. A comparison of ideas based on ethnicity in East Asian countries
    as reflected in their thoughts.
2. An aesthetic sense identified in the history of Japanese culture.
3. Our dietary habits.

Satori Osawa studied perfumery under Kenji Maruyama. Since opening ‘PARFUM SATORI’ in 2000, she has released her collections, held classes, and created fragrances for her clientele. With her profound knowledge in Kado, Sado and Kodo (Japanese arts of flowers, teas & fragrances), she creates original perfumes, perceiving scents from a ‘real oriental’ angle.

10.45 Uhr
Franziska Müller-Reissmann:
Ambra – Animalischer Gestank und Luxusduft. Ein tierisches Material in der Parfumherstellung.

Ambra, das Material aus dem Verdauungstrakt von Pottwalen, wird als stinkende Masse ausgeschieden und verwandelt sich im Salzwasser durch photochemische Reaktion in eine wohlriechende Substanz, die Grundlage der begehrten Parfumnote Ambrox. Da die Herkunft von Ambra lange nicht bekannt war, bestimmen vor allem Entstehungsmythen sein Narrativ: Man hielt die geheimnisvollen Klumpen für Meerespilze, kristallisierten Drachenspeichel oder Exkremente sagenhafter Vögel.
Der Beitrag kontextualisiert Ambra im Spannungsfeld zwischen technisch-olfaktorischem und symbolischem Material. Wie Bezoar, Schellack und Moschus ist dieser tierische Stoff ein unangenehmes Ausscheidungsprodukt, das nicht in der Sphäre des Ekels, sondern in der des Luxus und des Edlen, in den Kunstkammern und Faszinosienkabinetten zuhause ist.
Damit wird die These gesetzt, dass der Geruchssinn, «der Sinn der Erinnerung und des Verlangens», in der Parfumherstellung auf Ausgangsmaterialien für Düfte angewiesen ist, die semantisch stark aufgeladen sind.

Franziska Müller-Reissmann ist Tischlerin und Kunsthistorikerin. Sie leitet das Material-Archiv an der Zürcher Hochschule der Künste und koordiniert die Inhalte der gleichnamigen schweizweiten interdisziplinären Online-Datenbank. Sie forscht und unterrichtet im Bereich Materialität, Materialsemantik sowie künstlerischer Archiv- und Vermittlungsstrukturen.

 

11.30
Claus Noppeney: 
Immer neuer Zauber: Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Kulturgeschichte der Düfte

Die Entzauberung der Welt gehört zum Selbstverständnis der Moderne: Rationalität, Kalkül und Wissen ersetzen magische Mittel und geheimnisvolle Mächte. Fortan sorgen technische Mittel und Berechnung für den Fortschritt. Demgegenüber lebt der Zauber in der Kultur, Geschichte und Ökonomie der Düfte bis heute fort: ”Die Magie der Düfte”. Mit dieser Formel bewirbt heute ein angesagtes Wellnesshotel seine Leistungen, einem angesehenen Naturwissenschaftler dient sie als Titel für seine Vorträge und ebenso gehört sie zur Aura eines Parfumeurs. Der Verweis auf die Magie inszeniert die Welt der Düfte als geheimnisvolle Gegenwelt zur Moderne. Der Vortrag setzt hier an und untersucht, wie sich die Magie immer wieder neu als facettenreiches Leitmotiv in der Kulturgeschichte der Düfte aktualisiert. Historische Entwicklungen, die sich auf unterschiedlichen Ebenen (z.B. Wissen & Technologie, Organisationsformen, Parfumnutzung, Materialität und professionelles Selbstverständnis) vollziehen, werden nachgezeichnet und in systematischer Form verdichtet.

Claus Noppeney ist Forscher und Berater zu Ökonomie und Kultur. Er studierte Ökonomie, Philosophie und Soziologie in St. Gallen, Konstanz und an der Duke University. Seit 2009 ist er Professor an der Berner Fachhochschule und führt an der Hochschule der Künste Bern Forschung zum Geruchssinn in Kultur, Ökonomie und Gesellschaft durch. Im Rahmen der Biennale Bern initiierte er im Jahr 2014 das Scent Culture Institute.

13.30 Uhr
Mădălina Diaconu: 
Subtile Kraftfelder.
 Phänomenologische Leitsätze für eine materielle Duftästhetik

Parfüms wurden bisher als olfaktorische Formen ausgelegt, die einen Spielraum für die Imagination eröffnen, Identifizierungen mit Vorbildern ermöglichen und angenehme Wirkungen auslösen. Diese vier Ansätze der Ästhetik – Formalismus, eine Theorie des Imaginären, psychologische Motivationen und Hedonismus – müssen durch eine zeitgemäße Ästhetik der Materialität ergänzt werden. Diese Ästhetik schreibt den Düften eine subtile Materialität zu, betont die Dynamik ihrer Formen und deutet ihre Volatilität als die Transformation eines Kraftfeldes: Die Parfüms sind zugleich Formen und Energien, formes-forces (Blayn). Um die eigentümliche Macht der Düfte zu erfassen, ist eine phänomenologische Beschreibung der konkreten Erfahrung erforderlich.

Mădălina Diaconu ist Dozentin für Philosophie an der Universität Wien und leitete ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zum „Tast- und Duftdesign“. Bücher (in Auswahl): Tasten, Riechen, Schmecken. Eine Ästhetik der anästhesierten Sinne (2005), Sinnesraum Stadt. Eine multisensorische Anthropologie (2012), Phänomenologie der Sinne (2013).

14.15 Uhr
Anne Kramer: 
Von dicken Parfumwolken zum superschlanken Sauberduft – ein sozialpsychologischer Exkurs

Als Artefakte der Pop- und Konsumkultur sind Parfums immer auch Zeugnisse des Zeitgeistes. So hüllte man sich in den satten 80er Jahren im Westen mit Parfums wie „Poison“ und „Balahé“ bevorzugt in schwere Duftwolken. Mit dem Übergang vom Wohlfahrts- zum schlanken Staat gegen Ende der 80er Jahre wollten viele dann wiederum zunehmend nach fast gar nichts mehr riechen. Doch das durch solcherart Askese Verdrängte kehrt zurück und eröffnet mit den sogenannten Gourmand-Düften einen bis heute anhaltenden Gegentrend.
Was sagt es über eine Gesellschaft aus, wenn Erwachsene seit den 1990er Jahren bevorzugt entweder sauber und rein wie Weichspüler oder süß und üppig nach Kuchen oder Schokolade duften möchten? Wie bewusst wählen wir ein Parfum oder wählt es umgekehrt uns?
Der Beitrag verknüpft Erkenntnisse zu individuellen Parfumvorlieben mit gesamtgesellschaftlichen Prozessen und begibt sich gleichsam auf die Suche nach dem X-Faktor von Parfums – jenem ästhetischen Eigenwert, der sich Analyse und Kategorisierung immer wieder zu entziehen scheint.

Anne Kramer (*1971) ist promovierte Politologin und arbeitet an der TU Berlin. Sie hält Vorträge zum Themenspektrum Parfum, gibt Seminare und Workshops und verfolgt die Mission, diesen herausfordernden Gegenstand in die akademischen Diskurse zu bringen.

15.30 Uhr
Elodie Pong: 
Paradise Paradox

Do you remember your parents signature odor print? Maybe your lover’s? Or the smell of the kindergarden you went to as a toddler?
Scent is subtly involved in every aspect of our life and culture and establishes an unspoken connection between people, objects and places.
The first time we smell something, our brain files the information in our memory forever. Context is everything. And this first impression will determine all our responses and behaviors when experiencing the same smell on any future occasion.
Like a time-machine, aromas can bring back emotional memories from the past and achieve a form of personal historical preservation.
The complex role of scent operates as a fluid vector of identity, myth & memory, post-evolutionary science, and is an extraordinary tool to interrogate our environment and human histories.
In her artistic research and practice around the conceptual space of smell, through a series of speculative artworks – including a fragrance developed in collaboration with Roman Kaiser – Elodie Pong explores questions related to the transformation of the earth and power, trouble, and the nature of nature.

Elodie Pong is a US-born Swiss artist studied sociology & anthropology. She is known for her analytic work around human relationships, identity, and cultural codes — ensembles of video, installation, performance and film.

16.15 Uhr
Anja Müller-Alsbach: 
Belle Haleine – Der Duft der Kunst

Belle Haleine – Der Duft der Kunst war ein experimentelles Ausstellungsprojekt, das im Frühjahr 2015 im Museum Tinguely, Basel stattfand. Rückblickend soll die spannende, aber teilweise nicht ganz einfache kuratorische Arbeit mit dem so flüchtigen, unsichtbaren und vor allem räumlich schwer kontrollierbaren Medium des Geruchs thematisiert werden. Der Einsatz von olfaktorischen Stimuli in der bildenden Kunst geschieht oft subversiv und bricht mit vielen Tabus. Die Besucher mussten sich auf die ungewohnte Situation in einem Museum einlassen, nicht nur ihre Augen, sondern vor allem ihre Nase beim Erleben von Kunst zu aktivieren. Gerüche provozieren in unseren Köpfen und Körpern direkte positive wie auch negative Reaktionen. Mit der Schau zum faszinierenden Universum des Riechens stiessen wir als Institution, die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler als auch die Besucher in verschiedener Hinsicht oft an Grenzen. Gleichzeitig zeigte sich, dass man mit solchen interdisziplinären und multisensorischen Kunstprojekten die brisanten Themen unserer Zeit einem breiten Publikum sehr direkt vermitteln kann.

Annja Müller-Alsbach, geb. 1969, studierte Kunstgeschichte, klassische Archäologie und Mittelaltergeschichte an den Universitäten Basel und Wien. Sie ist Sammlungsleiterin der Arbeiten auf Papier und Kuratorin am Museum Tinguely, Basel. Dort wirkte sie seit 1998 an verschiedenen Projekten zur Sammlung und am Ausstellungsprogramm mit. Sie kuratierte u.a. Ausstellungen zu Kurt Schwitters (2004), Max Ernst (2007/2008), Robert Rauschenberg (2009/2010), Arman (2011), Spielobjekte (2014), Musikmaschinen-Maschinenmusik (2016/2017), RE-SET (2018). 2015 kuratierte sie im Rahmen einer Ausstellungsreihe zu den menschlichen Sinnen Belle Haleine – Der Duft der Kunst. Momentan erarbeitet sie ein Projekt zum Geschmackssinn. Forschungs- und Interessensschwerpunkte: 1920er-Jahre, 1960er- und 1970er-Jahre, transdisziplinäre Kunstformen der Gegenwartskunst, Collage und Zeichnung des 20./21. Jh.

Samstag

09.00 Uhr
Jörg Scheller: 
Essence de Pop – Olfactory Supplements and Pop Music

This lecture explores pop star signature perfumes within the ”semiosphere“ (Yuri Lotman) of pop music. It is common knowledge that sound and vision are inextricably intertwined in pop culture. Yet perfumery and scent design also play a crucial role if not to establish, then certainly to reinforce or extend specific images of pop stars as olfactory supplements. Whether Britney Spear’s “Cosmic Radiance“, One Direction’s “You and I“ or KK Downing’s “Metal for Men“ – pop star signature perfumes not only help to increase the ‚aura‘ of pop stars, but also testify of the constitutive multi-sensuous, synaesthetic and immersive ‚essence‘ of pop culture. These scents do not exist on their own just like pop music is nothing without image and text. Assuming that pop music is the soundtrack of the performative, transformative, marketable post-modern subject, it could be argued that celebrity signature perfumery is key to enhance precisely these characteristics.

Jörg Scheller is an art historian, journalist and musician. He is senior lecturer and head of theory of the BA Art & Media at the Zurich University of the Arts. Most recent book publication: Appetite for the Magnificent. On Aquaria (Zurich 2017, with photographs by David & Tania Willen).

09.45 Uhr
Christian Janecke
Niemand kommt zur Nase denn durch mich. Über Duftmittelbarkeiten.

Flakon, Umverpackung und entsprechende Werbung reagieren in visuell-gestalterischer Finesse seit jeher auf vor allem eines: das kaum bis gar nicht zu Versprachlichende von Duft. Selbst die wortreich über Düfte Schreibenden helfen sich wiederum mit Wortbildern aus der Verlegenheit.
Statt daher die heute aufs Flüchtige, Atmosphärische, Fluide sich kaprizierende Kultur mit dem Olfaktorischen als solchen in Analogie zu setzen, wäre sie triftiger mit dessen alle Register ziehender Darstellung in Verein zu bringen. Denn Flakon, Verpackung, multimediale Reklame nebst der Arrangements bzw. Inszenierungen entsprechender Verkaufsabteilungen für Düfte – sie alle liefern nichts weniger als den Vorläufer, ja die historische Matritze für jene Parametrisier- und prozentuale Beimischbarkeit von Eigenschaften, Effekten, Assoziationen zu welchen Lebenssphären auch immer, welche die Foren, Techniken und Realisierungsweisen digitaler Kultur heute ausmachen.

Christian Janecke ist Professor für Kunstgeschichte an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Er lehrt, forscht und publiziert zur modernen und zeitgenössischen Kunst, zu Mode und visueller Alltagskultur, zu Verhältnissen von Kunst und Theater.

10.45 Uhr
Katharina Tietze: 
«Schönheit für alle» – Parfums in der DDR

In den 50er und 60er Jahren trugen die Parfums in der DDR Namen wie Florett oder Souvenir. Es gab eine ganze Reihe kleiner Parfümproduzenten, wie die Werbeanzeigen in der Zeitschrift für Mode und Kultur Sibylle zeigen. In den 70er Jahren wurden die noch bestehenden privaten Betriebe zum grossen Teil verstaatlicht und zu Kombinaten zusammengelegt. Fehlende Rohstoffe und veraltete Maschinen führten zu einer Krise in den 80er Jahren. Nun forderte die Parteiführung, die Qualität auf „Weltniveau“ zu heben. Damit wurden zumindest punktuell Investitionen und neue Produkte, wie die Kosmetikserie „Action“ für ein jugendliches Publikum, möglich.
Ausgehend von der Modezeitschrift Sibylle widmet sich der Vortrag der Frage, welche Rolle Parfüm in der DDR spielte. Welche Bedeutung hatte ein stets dekadenzverdächtiges Luxusprodukt im sozialistischen Alltag? Inwieweit wurden Düfte aus dem Westen „besorgt“? Welches Verhältnis bestand zwischen „nicht schlecht riechen“ und „duften“? Welche Rolle spielt Duft als Aspekt modischer Identität im DDR-Alltag?

Katharina Tietze (* 1968) ist Professorin für Design an der Zürcher Hochschule der Künste und leitet dort die Fachrichtung Trends & Identity. Sie studierte Bekleidungsdesign an der Hochschule der Künste Berlin und forscht zum Thema Mode im Spannungsfeld von Stil und Alltagskultur.

 11.30 Uhr
Martin Jaeggi: 
”That Lilac Odour Wounds Me“
Perfume and Literature in fin-de siècle Culture

Modern perfumery emerged in the 19th century with the advent of synthetic scents. Initially despised as inferior to natural scents, they soon freed perfume from a purely imitative relation to nature and allowed for the manufacturing of perfumes on an industrial scale, flanked by increasingly sophisticated advertising. In symbolist and decadent literature, which exalted the superiority of artifice over nature, a discourse on perfume emerged which celebrated its subversive powers in regard to the strictures of bourgeois society and Victorian gender norms. Most significantly, it developed a language of synesthesia, which still influences how we talk about perfumes today. The lecture will examine these parallel developments in perfumery and literature and trace their lingering impact.

Martin Jaeggi is a writer and curator. He published numerous essays and articles on contemporary art and photography. He teaches at the Zurich University of the Arts and is head of technology and context modules at the BA Art & Media.

13.30 Uhr
Victoria Frolova: 
Perfume Reviews, Art, and Culture

Our sense of smell comprises a fairly large fraction of our genetic makeup, and yet, it remains underappreciated and misunderstood. Perfume criticism at a level comparable to discourses in the related fields of wine and food is a recent development made possible by the growth of social media. While the complexity of fragrance was initially not reflected in the way it was presented by mainstream magazines and publications, with the advent of online reviewers the discussion of fragrance has undergone important changes.
Perfume reviewing transforms fragrance into a cultural artifact by treating it as an art form and a cultural phenomenon with numerous facets. It’s a field where many different domains intersect—art, science, fashion, cuisine, psychology, politics, and economics. Contemporary perfume reviewing is focused on revealing these associations and relationships. As the field of perfume writing and criticism continues to develop, so will our understanding of perfumery and its place in art and culture.

Victoria Frolova is a journalist and fragrance specialist. A member of Société Française des Parfumeurs, she obtained her professional training at the International Flavors & Flavors. Her writing appears in The New York Times Magazine, The Financial Times Magazine, Perfumer & Flavorist, as well as on her own website, boisdejasmin.com

14.15 Uhr
Andreas Wilhelm: 
Parfumeur und Punk

Andreas Wilhelm arbeitet seit 1999 als Parfumeur in der Industrie. Während seiner Karriere merkte er rasch, dass die Formeln und Rezepte von Düften in der Industrie gehütet werden wie Augäpfel. Mit der Zeit bemerkte er ebenfalls, dass es die im Marketing verbreiteten Narrative mit der Wahrheit nicht ganz so genau nehmen („Rose Creme“, ohne natürliche Rose ME). Die Duftrezepte bleiben zwar weiterhin geheim, jedoch haben sich die analytischen Möglichkeiten mittlerweile soweit entwickelt, dass man heute in der Industrie binnen vier Stunden eine gute Rekonstruktion erstellen kann. Dies schlägt sich in der Duftwelt unverkennbar nieder (YSL Y riecht wie Chanel Allure Homme Sport, das neue Elie Saab wie Narciso Rodriguez). Unter der Profitmaximierung leidet vor allem die Vielfalt.
207 entschied sich Wilhelm, anstatt Parfüms mit seinem Label nur noch alkoholische Lösungen zu verkaufen. Zu 100% offen deklariert, mit Namen und Gewichtsangabe. Sein Konzept nennt er ‘den Luxus zu wissen, was in der Flasche ist’. Mit einem Augenzwinkern tritt er der Industrie entgegen.

Andreas Wilhelm startete seine Reise in die Welt der Düfte als Auszubildender beim Schweizer Duftstofffabrikanten Givaudan. Bereits 2004 gründete er seine erste eigene Firma. Neben seiner Tätigkeit in der Industrie (u.a. Weleda, Seluz Fragrance) konnte er unter seinem Namen bereits diverse Kunstprojekte, Parfümkreationen sowie Duftsignaturen umsetzen.

15.30 Uhr
Philip Kraft: 
Olfactory Art versus Odorant Design: Creativity and Aesthetics in the Ephemeral World of Odors.

Olfactory art has been met with traditional skepticism by art historians, art theoreticians, philosophers and (visual) artists alike. Yet, to quote Werner Hofmann, “art is what is accepted as such,” and olfactory art is accepted by the general public if it differentiates itself from scent design by expressing artistic feelings. Though odor(ant)s are ephemeral, they are also downright material by their very nature, and thus a matter of chemical creativity in their molecular architecture and synthesis. Though we tend to see the latter rather as design than as art, the basis for the creation of new odor sensations is the combinatorial code of olfaction: olfactory impressions can be created intentionally in an artistic process by either combining diverse fragrance materials with different molecular features (perfumery), or by combining different molecular features in individual fragrance materials (fragrance chemistry), or by any combination of these. The general skepticism against the aesthetic value and artistic relevance of scents should thus be obsolete; yet, their acceptance as art or design remains an individual decision, dependent on the personal background and education.

Philip Kraft (*1969) received his Ph.D. in Chemistry from Kiel University in 1996, and then joined Givaudan, where his main research domain is the rational design of new odorants. He has authored 89 publications and 38 patents, invented Super Muguet, Azurone, Pomarose, Serenolide, Sylkolide, Cassyrane and Nympheal. Since 2008 he has been lecturer at the University of Bern and the ETH Zurich

Plakatserie «Voyage – One Moment» von Nina Blum (Gaststudentin der Fachrichtung Trends & Identity, ZHdK)

ZHdK – Zürcher Hochschule der Künste